
🌊 DAS 2. BUCH MOSE
⛪ Lektion 7 : Brot und Wasser des Lebens
📘 7.4 Jitro
✨ Weisheit, die entlastet
🟦 Einleitung
In einer Welt, die oft laut ist und schnelle Antworten bevorzugt, wird echtes Zuhören zu einer seltenen Gabe. Noch seltener ist es, Rat anzunehmen – besonders von jemandem, der nicht aus unserer „Welt“ stammt. Doch Mose, der große Anführer Israels, zeigt in 2. Mose 18, dass wahre Größe auch bedeutet: demütig zuhören zu können.
Die Begegnung mit seinem Schwiegervater Jitro ist kein Nebenkapitel, sondern ein Wendepunkt für das junge Volk Israel – organisatorisch, geistlich und zwischenmenschlich.
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📖 Bibelstudium – 2. Mose 18: Jitro – Der Segen der Ratgeber
🧭 Einführung und Kontext
Bevor wir in die Verse eintauchen, ist es wichtig, den historischen und geistlichen Rahmen zu verstehen:
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Das Volk Israel befindet sich noch relativ am Anfang seiner Wüstenreise.
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Die großen Wunder – Auszug aus Ägypten, das Rote Meer, Manna, Wasser aus dem Felsen – sind bereits geschehen.
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Das Volk ist zahlreich, unorganisiert, geistlich unreif, und Mose ist mit allen Anliegen konfrontiert.
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Mose ist müde. Körperlich, geistlich, organisatorisch.
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Und dann kommt Jitro.
Ein Außenstehender. Ein Midianitischer Priester. Kein Hebräer.
Und doch wird dieser Mann zur Schlüsselperson für das, was folgen wird.
📜 Vers-für-Vers-Auslegung: 2. Mose 18,1–27
📍 Verse 1–7: Die Rückkehr der Familie und Begegnung mit Jitro
„Jitro, der Priester von Midian, Moses Schwiegervater, hörte alles, was Gott an Mose und an seinem Volk Israel getan hatte …“ (V. 1)
🔍 Beobachtung:
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Jitro kommt nicht zufällig – er reagiert auf Gottes Handeln.
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Der Sieg Gottes über Ägypten verbreitet sich bis in die Wüstenländer – ein Zeugnis für die Nationen.
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Er bringt Moses Frau und Kinder zurück – eine Versöhnung und Wiederherstellung der Familie.
🧠 Anwendung:
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Gottes Taten sprechen auch außerhalb der Gemeinde.
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Beziehungen sind Teil von Gottes Plan. Mose ist nicht nur Anführer – er ist Ehemann, Vater, Schwiegersohn.
📍 Verse 8–12: Zeugnis und Anbetung
„Mose erzählte seinem Schwiegervater alles … und wie der HERR sie errettet hatte.“ (V. 8)
„Jitro freute sich … und sprach: Nun weiß ich, dass der HERR größer ist als alle Götter.“ (V. 10–11)
🧠 Beobachtungen:
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Mose berichtet ausführlich, ehrlich – auch über Schwierigkeiten.
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Jitro reagiert mit Freude, Lobpreis und einem Bekenntnis.
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Er bringt ein Opfer dar – er verehrt den Gott Israels, obwohl er kein Israelit ist.
✨ Anwendung:
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Dein persönliches Zeugnis kann andere zum Glauben führen – nicht durch Theologie, sondern durch Wahrheit.
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Teile auch deine Kämpfe, nicht nur deine Siege. Authentizität berührt Herzen.
📍 Verse 13–18: Die Beobachtung und der kritische Rat
„Was tust du da mit dem Volk? Warum sitzt du allein?“ (V. 14)
Jitro sieht, was viele im inneren Kreis nicht sehen: Mose ist überlastet.
⚖️ Kernproblem:
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Mose ist Richter für ALLES.
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Das Volk steht von früh bis spät bei ihm.
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Zentralisierung führt zur Erschöpfung und Verzögerung.
📌 Jitros Einschätzung:
„Das ist nicht gut.“ (V. 17)
Er analysiert:
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Es ist zu viel für einen.
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Das Volk leidet mit.
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Die geistliche Leitung ist in Gefahr.
🔁 Anwendung:
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Wer viel Verantwortung trägt, muss lernen, loszulassen.
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Überforderung ist kein Zeichen von Hingabe, sondern von ungesunder Struktur.
📍 Verse 19–23: Jitros Lösungsvorschlag
„Sei du dem Volk vor Gott … aber lehre sie die Ordnungen und Weisungen …“ (V. 19–20)
✅ Aufgabenverteilung:
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Mose: Lehre, Fürsprache, große Fälle
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Andere Männer: Alltag, einfache Urteile, Leitung kleiner Gruppen
🧱 Kriterien für die Richter:
„Tüchtige, gottesfürchtige, zuverlässige Männer, die den ungerechten Gewinn hassen“ (V. 21)
Das sind ethische und geistliche Maßstäbe, keine rein administrativen.
🤝 Vers 23: Der Gewinn
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Mose kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.
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Das Volk geht in Frieden nach Hause.
📍 Verse 24–27: Mose hört und handelt
„Mose gehorchte der Stimme seines Schwiegervaters …“
Mose war der von Gott berufene Prophet. Und doch:
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Er hört auf den Rat eines Außenstehenden.
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Er nimmt Korrektur an – ohne Stolz.
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Jitro kehrt zurück – seine Mission ist erfüllt.
🧠 Tiefere geistliche Erkenntnisse
✅ 1. Gott wirkt auch durch Menschen außerhalb „unserer“ Gemeinschaft.
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Jitro war kein Hebräer, kein Prophet, kein Priester Israels – und dennoch war er ein Werkzeug Gottes.
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Das ruft uns zur Demut und Offenheit auf – vielleicht kommt dein nächster Rat nicht aus der Gemeinde, sondern aus deiner Familie, einem Kollegen, einem anderen Gläubigen.
✅ 2. Geistliche Reife erkennt eigene Grenzen.
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Mose war der Anführer – aber er wusste, dass er Hilfe brauchte.
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Wer geistlich reift, wird nicht unabhängiger, sondern abhängiger von Gottes Weisheit – auch durch andere.
✅ 3. Struktur schützt die Berufung.
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Ordnung ist kein Gegensatz zum Heiligen Geist – sie ist oft der Rahmen, in dem der Geist wirkt.
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Gerechtigkeit, Klarheit und Multiplikation sind biblische Prinzipien – von Mose bis zu den Aposteln (vgl. Apg 6,1–7).
✅ 4. Lehre und Leitung gehören zusammen.
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Mose war nicht nur Richter, sondern Lehrer.
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Jitro fordert ihn auf, das Volk zu unterweisen, nicht nur zu verwalten.
🧩 Vergleich zum Neuen Testament
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Apostelgeschichte 6: Die Apostel delegieren Aufgaben an Diakone, um sich dem Wort und dem Gebet zu widmen.
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Epheser 4,11–13: Gott setzt verschiedene Dienste ein, „um die Heiligen zuzurüsten“.
→ Gottes Volk braucht Teamarbeit. Leitung ist niemals Einzelsache.
🧪 Fragen zur persönlichen Reflexion
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Wo bin ich in meinem Leben „allein am Richterstuhl“? Wo trage ich zu viel?
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Höre ich auf weise Ratgeber – selbst wenn sie nicht aus meinem „geistlichen Lager“ kommen?
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Habe ich Menschen, denen ich Verantwortung anvertrauen kann?
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Was könnte passieren, wenn ich loslasse und delegiere?
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Wo darf ich Zeugnis geben – so wie Mose es mit Jitro tat?
✨ Zusammenfassung & geistliche Bedeutung
Die Geschichte von Mose und Jitro zeigt uns:
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Gott schenkt Weisheit durch Beziehungen.
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Geistliche Größe zeigt sich nicht nur im Führen, sondern im Zuhören und Dienen.
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Gottes Ordnung ist praktisch, alltagstauglich – und voller Gnade.
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Menschen wie Jitro sind versteckte Geschenke Gottes – ihre Stimme kann Struktur bringen, wenn wir bereit sind, sie zu hören.
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📖 Antworten zu den Fragen
❓ Frage 1: Lies 2. Mose 18,1–27. Welche wichtigen Schritte in der Geschichte der Nation erfolgten hier?
In 2. Mose 18 finden wir einen unscheinbar wirkenden, aber tatsächlich strategisch entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte Israels – geistlich, zwischenmenschlich und organisatorisch. Diese Begebenheit ereignet sich nach der Befreiung aus Ägypten und den Wundern in der Wüste, bevor das Gesetz am Sinai gegeben wird. Gott bereitet sein Volk also nicht nur geistlich vor, sondern auch strukturell.
Hier sind die vier wichtigsten Entwicklungen, die diese Geschichte auszeichnen:
1. 📢 Zeugnis und Evangelisation: Ein Außenstehender erkennt Gottes Größe
Jitro ist nicht Teil des Volkes Israel. Er ist ein midianitischer Priester – mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Mann mit religiösem Hintergrund außerhalb des Glaubens an JHWH. Doch er kommt, weil er gehört hat, was Gott für Israel getan hat.
Als Mose ihm dann ausführlich erzählt, wie Gott das Volk aus Ägypten geführt und in der Wüste versorgt hat, reagiert Jitro mit einem persönlichen Bekenntnis:
„Nun weiß ich, dass der HERR größer ist als alle Götter…“ (2. Mose 18,11)
➡️ Wichtigkeit:
Diese Aussage ist ein Ausdruck echten Glaubens! Gott wird hier durch das Zeugnis eines Einzelnen unter den Völkern bekannt gemacht – ein zentrales Ziel des Alten Testaments (vgl. Ps 96,3; Jes 49,6).
Gottes Ruhm wird nicht durch Theologie, sondern durch erzählte Erfahrung verbreitet.
2. 🛐 Geistliche Gemeinschaft: Jitro opfert und betet
Nach dem Bekenntnis folgt Handlung. Jitro bringt Opfer dar, und er isst mit Mose und den Ältesten des Volkes (V. 12).
Das ist nicht nur ein Familienessen – es ist ein Ausdruck von geistlicher Annäherung.
Ein Nicht-Israelit nimmt am Gottesdienst des Volkes teil.
➡️ Wichtigkeit:
Dies ist ein Bild von dem, was Gott für alle Nationen geplant hatte: Gemeinschaft mit ihm. Jitros Teilnahme weist prophetisch auf die Inklusion der Heiden im Neuen Bund (Röm 15,9–11).
3. ⚖️ Verwaltung und Leitung: Einführung eines gerechten Systems
Das Herzstück dieser Geschichte liegt in Jitros Analyse: Mose ist überlastet. Er kann nicht allein das ganze Volk führen und richten.
Sein Vorschlag ist strukturell bahnbrechend:
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Delegation von Verantwortung
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Einführung von Unterstrukturen: 10er, 50er, 100er, 1000er
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Auswahlkriterien: Gottesfurcht, Integrität, Vertrauenswürdigkeit
➡️ Wichtigkeit:
Diese Struktur wird zum Fundament für spätere gesellschaftliche und religiöse Ordnung. Sie ist nicht nur funktional, sondern geistlich durchdacht – Führung im Volk Gottes braucht Charakter, nicht nur Kompetenz.
Außerdem erinnert diese Szene an das Neue Testament, z. B. Apostelgeschichte 6, wo die Apostel Aufgaben delegieren, um sich auf das Gebet und das Wort zu konzentrieren.
4. 🧎 Demut und Lernbereitschaft: Mose hört auf den Rat eines Anderen
Das ist vielleicht der erstaunlichste Punkt. Mose ist der von Gott eingesetzte Führer – berufen, bevollmächtigt, erfahren.
Und doch hört er ohne Widerstand auf Jitro. Er nimmt den Rat eines Nicht-Israeliten an.
➡️ Wichtigkeit:
Das ist ein geistliches Vorbild: Große Leiter zeichnen sich nicht durch Unfehlbarkeit aus, sondern durch Lernbereitschaft.
Mose demonstriert: Gott kann auch durch andere zu mir sprechen – ich muss bereit sein, zuzuhören.
🔚 Zusammenfassung:
Die Geschichte von Jitro und Mose ist kein beiläufiges Familientreffen. Es ist ein bedeutender Moment, in dem:
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Gottes Größe öffentlich bezeugt wird
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Ein Außenstehender zum Anbeter wird
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Eine nachhaltige Führungsstruktur eingeführt wird
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Ein geistlicher Leiter in Demut wächst
Diese Geschichte zeigt, wie Gottes Volk durch Offenheit, Ordnung und Gehorsam reift – auf dem Weg zum heiligen Berg und zur Gabe des Gesetzes.
❓ Frage 2: Mose hätte den alten Mann einfach abwimmeln und ihm sagen können, dass er sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte. Das tat er nicht. Was können wir aus seiner Bereitschaft lernen, auf einen Menschen zu hören, der nicht einmal ein Hebräer war?
Diese Frage berührt einen tiefen, oft unbeachteten Aspekt von geistlicher Reife: Zuhören können. Lernen können. Selbst dann, wenn der Rat von außen kommt.
Und genau das tut Mose in dieser Geschichte – und darin liegt eine seiner größten Stärken.
✅ 1. Demut ist die Krone eines echten Leiters
Mose war von Gott berufen. Er hatte mit Gott gesprochen, Wunder erlebt, das Meer geteilt, das Volk geführt.
Wer, wenn nicht er, hätte sagen können: „Ich weiß, was ich tue.“
Doch Mose tat das nicht.
Stattdessen hört er zu – ehrlich, offen, lernbereit.
➡️ Lehre:
Große geistliche Leiter zeichnen sich nicht durch Unfehlbarkeit aus, sondern durch Demut.
Mose wusste: Er war Diener Gottes – nicht Gott selbst.
✅ 2. Gott spricht manchmal durch „Fremde“
Jitro war kein Hebräer, kein Prophet, kein Bundesmitglied. Und doch brachte er göttliche Weisheit.
➡️ Das lehrt uns:
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Wir dürfen Gottes Reden nicht begrenzen auf bekannte Kanäle.
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Manchmal benutzt Gott Unerwartete – Nachbarn, Kollegen, Kinder, Andersgläubige – um uns einen Spiegel vorzuhalten.
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Gott beruft sich selbst seine Boten – und manchmal sehen Außenstehende klarer als wir, die mittendrin stehen.
✅ 3. Korrektur ist ein Geschenk – kein Angriff
Jitro kritisierte Mose – aber nicht, um ihn zu entmachten. Sondern um ihm zu helfen.
Und Mose nahm die Kritik nicht als Angriff, sondern als Hilfe zur Veränderung.
➡️ Lehre:
Wie gehe ich mit Korrektur um? Werde ich defensiv oder dankbar?
Wahre Reife zeigt sich im Umgang mit Kritik.
✅ 4. Gemeinde- und Lebensstrukturen brauchen Weisheit von außen
Nicht jede Erkenntnis muss in frommer Sprache verpackt sein, um geistlich zu sein.
Jitros Ratschlag ist praktisch, effizient, lebensnah – und doch tief geistlich:
Er fördert Gerechtigkeit, schützt die Schwachen und dient der Gemeinschaft.
➡️ Lehre:
Auch in Gemeinde und Familie dürfen wir strukturierte Lösungen suchen – ohne zu meinen, es sei unspirituell.
Gott ist ein Gott der Ordnung (1. Korinther 14,33).
✅ 5. Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Perspektiven
In einer Zeit von Polarisierung und religiösem Rückzug ist diese Geschichte hochaktuell:
Mose erkennt die Weisheit in einem Mann aus einer anderen Kultur – und ehren ihn dafür.
➡️ Anwendung heute:
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Vielleicht will Gott uns durch andere Christen aus anderen Denominationen etwas zeigen.
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Vielleicht durch gläubige Menschen aus anderen Ländern.
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Vielleicht sogar durch Menschen, die (noch) nicht glauben – aber deren Einsicht von Gott kommt.
🔚 Zusammenfassung:
Mose hätte sich verschließen können. Stattdessen öffnete er sich – und wurde dadurch zum besseren Leiter.
Wir lernen:
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Geistliche Größe zeigt sich in der Fähigkeit, zuzuhören.
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Rat von außen kann von Gott kommen.
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Kritik ist nicht immer gegen dich – manchmal ist sie für dich.
-
Gott gebraucht, wen er will – wir sollten niemals zu stolz sein, um zu lernen.
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✨ Geistliche Prinzipien
Prinzip | Bedeutung |
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👂 Zuhören ist göttlich | Gott spricht nicht nur direkt – oft gebraucht er Menschen |
🧠 Weisheit ist nicht exklusiv | Auch „Außenstehende“ können göttlich inspirierte Einsicht haben |
🧱 Struktur dient dem Volk | Gute Ordnung ist kein Widerspruch zum Glauben, sondern eine Stütze |
🧎 Demut macht Leitung möglich | Echte Leiter erkennen, wann sie Hilfe brauchen |
💬 Zeugnis verändert Herzen | Mose war Missionar durch seine Geschichten |
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🛠️ Anwendung im Alltag
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Lerne zuzuhören – besonders wenn du leitest.
Auch ein Kind, ein Freund, ein Kollege oder ein Außenstehender kann Gottes Stimme sein. -
Achte auf deine Grenzen.
Wie Mose darfst du erkennen: Du kannst nicht alles allein machen. Erlaube dir, Hilfe anzunehmen. -
Ordne dein Leben.
Strukturen im Alltag, Dienst oder Familie sind keine Feinde des Glaubens – sie sind oft Werkzeuge des Friedens. -
Erzähle, was Gott getan hat.
Jemand wie Jitro kann durch dein Zeugnis Gott erkennen.
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✅ Fazit
Jitros Besuch war kein Zufall. Er war eine göttlich arrangierte Begegnung mit einem Mann, der durch das Zeugnis des Mose zum Glauben kam – und durch seine Weisheit dem Volk Gottes half.
Mose hörte zu. Und genau deshalb wurde er ein noch größerer Leiter.
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💭 Gedanke des Tages
„Weisheit ist nicht daran gebunden, woher du kommst, sondern wem du dienst.“
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✍️ Illustration – Der Rat vom Fjord
Ein europäischer Winter, ein erschöpfter Leiter und ein alter Norweger mit klaren Augen
Kapitel 1 – Oslo, Dezember
Es war ein kalter Winter in Norwegen. Die Tage waren kurz, die Nächte lang. In einem modernen Bürogebäude im Herzen Oslos arbeitete Elena Kristiansen, eine dynamische 39-jährige Direktorin einer christlichen NGO, die sich für Flüchtlinge in Europa einsetzte.
Elena war klug, effizient, leidenschaftlich. Unter ihrer Leitung war die Organisation in nur vier Jahren von einem kleinen Netzwerk zu einem europaweiten Projekt gewachsen. Hunderttausende Geflüchtete hatten Hilfe erhalten – juristisch, medizinisch, seelsorgerlich.
Aber Elena war müde. Nicht nur ein bisschen. Sondern tief in der Seele.
Sie arbeitete bis spät in die Nacht, reiste ständig zwischen Berlin, Athen und Stockholm, führte endlose Video-Calls, löschte jede Woche neue Krisen.
Sie wusste: Sie konnte so nicht weitermachen. Aber sie konnte auch nicht loslassen.
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Kapitel 2 – Besuch aus dem Norden
Weihnachten nahte. Elena hatte beschlossen, die Feiertage in ihrer Heimatstadt Bergen zu verbringen, an der norwegischen Westküste. Ihre Mutter war kürzlich verwitwet. Sie freute sich auf einige ruhige Tage – und war gleichzeitig nervös, denn ihr Onkel Einar, ein pensionierter Fischer und langjähriger Laienprediger, sollte auch kommen.
Einar war ein schweigsamer Mann mit klaren Augen, tiefen Falten und einem gütigen Lächeln. Er war weder Akademiker noch Manager – aber sein Rat hatte schon manchem Seeleute gerettet. Er war bekannt für Sätze, die einfach klangen – und tief schnitten.
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Kapitel 3 – Am Kamin
Am zweiten Weihnachtsabend saßen sie zusammen am Kamin. Draußen peitschte der Wind gegen die Scheiben. Elena starrte schweigend ins Feuer. Ihre Mutter hatte Einar bereits erzählt, wie erschöpft sie sei.
„Du trägst zu viel, Elena“, sagte Einar leise.
„Ja, aber wenn ich es nicht tue, wer dann?“
„Klingt, als würdest du dich für unersetzlich halten.“
Elena sah auf.
„So meinte ich das nicht.“
„Aber so lebst du.“
Stille. Nur das Knistern des Holzes.
„Weißt du, das erinnert mich an Mose. Er wollte auch alles allein machen. Bis sein Schwiegervater ihn unterbrach.“
Elena runzelte die Stirn. „Jitro?“
Einar nickte. „Ja. Ein alter, weiser Mann. Kein Prophet. Kein Israelit. Aber er sah, was Mose nicht mehr sehen konnte.“
Er stand auf, nahm eine abgegriffene Bibel aus dem Regal und las:
„‚Was tust du da mit dem Volk? Warum sitzt du allein? … Das ist nicht gut.‘“ (2. Mose 18)
„Gott hat dich zur Leiterin gemacht, Elena. Aber er hat dich nicht zur Märtyrerin gemacht.“
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Kapitel 4 – Struktur statt Stolz
Am nächsten Morgen lag Schnee auf den Dächern. Elena wachte früh auf und ging mit Einar am Hafen spazieren.
„Du meinst also, ich soll einfach aufhören?“
„Nein. Aber du sollst anfangen zu vertrauen. Delegieren. Ordnen. Gott arbeiten lassen – auch durch andere.“
„Aber viele sind nicht so zuverlässig …“
„Mose musste Männer suchen, die gottesfürchtig, zuverlässig und gerecht waren. Ja, das ist schwer. Aber nicht unmöglich. Du musst sie ausbilden, ihnen zutrauen. Und dann: loslassen.“
Sie gingen schweigend weiter. Möwen kreischten. Der Wind war scharf. Und doch: In Elenas Brust wurde es langsam stiller.
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Kapitel 5 – Zurück in Oslo
Zwei Wochen später war Elena zurück in der Hauptstadt. Sie hatte mit ihrem Leitungsteam ein Treffen einberufen. Zum ersten Mal ohne Laptop.
„Ich habe erkannt, dass ich zu viel allein tragen wollte“, sagte sie offen.
„Und das war ein Fehler.“
Sie erzählte von Jitro. Von Mose. Von Einar.
Dann sagte sie:
„Ich werde Bereiche abgeben. Verantwortung delegieren. Vertrauen, dass Gott durch euch wirken will. Und ich werde mich auf das konzentrieren, was Gott mir aufs Herz gelegt hat: Vision, geistliche Ausrichtung, Strategie.“
Im Raum war es still – aber nicht kühl. Die Mitarbeiter waren nicht schockiert, sondern erleichtert. Einige weinten.
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Kapitel 6 – Jitro lebt
Drei Monate später war die Organisation stabiler denn je.
Elena arbeitete nun 45 statt 70 Stunden. Sie hatte Mentoren eingesetzt, klare Strukturen geschaffen, Seelsorgezeiten eingerichtet. Sie hielt weniger Meetings, aber die richtigen.
Als sie im Frühling wieder in Bergen war, besuchte sie Einar. Sie brachte ihm eine gerahmte Karte mit einem Vers darauf:
„Durch weise Ratgeber wird eine Unternehmung bestehen.“ – Sprüche 15,22
Einar lächelte nur. Dann sagte er:
„Weißt du, ich glaube, jeder von uns braucht irgendwann einen Jitro. Aber noch wichtiger: Manchmal sollen wir selber einer sein.“
🧠 Was lehrt uns diese Geschichte?
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Führung ist kein Solo-Projekt. Auch in geistlicher Verantwortung braucht es Struktur und Hilfe.
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Weiser Rat kann von Unerwarteten kommen. Nicht Titel zählen – sondern Erkenntnis und Liebe.
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Zuhören rettet Leben. Stolz verhindert Wachstum. Demut öffnet Türen.
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Gott gebraucht Gemeinschaft, um sein Werk zu bauen. Niemand ist allein berufen.
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Die Bibel bleibt aktuell. Was bei Mose funktionierte, rettet heute Organisationen, Beziehungen – und Herzen.