11 Minuten 11 Stunden

Lektion 3: Holpriger Beginn
📘 3.4 Unbeschnittene Lippen
Wenn Entmutigung die Ohren verschließt – Gottes Zusage bleibt bestehen

………………………………………………………………….

1.🟦 Einleitung

Entmutigung ist ein vertrauter Begleiter im Leben eines Gläubigen – besonders dann, wenn Gebete unbeantwortet bleiben, Hoffnungen zerschlagen werden oder Gottes Zusagen sich scheinbar nicht erfüllen. Mose hatte eine klare Berufung von Gott erhalten. Er sollte Israels Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten verkünden. Und doch: Seine Worte wurden abgelehnt – nicht nur von Pharao, sondern auch vom eigenen Volk.

Die Menschen waren zu müde, zu enttäuscht, zu verbittert, um noch Hoffnung zu schöpfen. Und Mose selbst – der Prophet Gottes – nennt sich selbst „unbeschnitten an Lippen“ (2. Mo 6,12).

Was tun, wenn man weiß, dass Gott treu ist – aber gerade nichts danach aussieht?

………………………………………………………………….

2.📖 Bibelstudium – 2. Mose 6,9–13

Thema: Wenn Berufung auf Widerstand trifft – Treue im Tal der Enttäuschung


🔍 1. Kontext: Mose am Tiefpunkt

Mose hatte mit Gott am brennenden Dornbusch gesprochen, war zurück nach Ägypten gekehrt, hatte mit Aaron zum Pharao gesprochen – und alles wurde schlimmer. Statt Befreiung gab es mehr Sklavenarbeit, mehr Leid, mehr Frust.

Jetzt, in Kapitel 6, spricht Gott erneut zu Mose – mit großartigen Verheißungen:

„Ich will euch erlösen… ich will euch annehmen zu meinem Volk… ich will euer Gott sein“ (V. 6–7).

Aber: Die Reaktion des Volkes ist ablehnend.


📖 Vers 9: Hoffnung trifft auf Enttäuschung

„Aber sie hörten ihn nicht vor Angst und harter Arbeit.“

Die Israeliten konnten Mose nicht glauben – nicht, weil seine Botschaft falsch war, sondern weil ihr Leid zu laut war. Hoffnungslosigkeit kann so tief sitzen, dass selbst Gottes Zusagen nicht durchdringen.

👉 Wichtiger Punkt:
Enttäuschte Menschen sind oft nicht ungläubig – sie sind erschöpft.


📖 Verse 10–11: Gottes Auftrag bleibt

„Der HERR sprach zu Mose: Geh hinein und sage dem Pharao…“

Gott ändert den Auftrag nicht – auch wenn Mose gescheitert scheint. Gott spricht direkt weiter. Berufung wird nicht durch Reaktion anderer definiert, sondern durch Gottes Wille.


📖 Vers 12: Moses Selbstzweifel

„Sie hören mich nicht – wie sollte mich dann der Pharao hören? Ich bin unbeschnitten an Lippen.“

Mose zweifelt an sich selbst – ein Muster, das wir bereits in 2. Mose 4 gesehen haben. Er benutzt seine vermeintliche Schwäche in der Sprache als Ausrede.
„Unbeschnitten an Lippen“ bedeutet: unfähig, rein oder würdig zu sprechen.
Es ist ein Gefühl der Unzulänglichkeit – wie: „Ich bin nicht der Richtige.“

Aber hier liegt der Kontrast:

  • Mose schaut auf seine Unfähigkeit,

  • Gott schaut auf seine Berufung.


📖 Vers 13: Gottes Autorität steht fest

„Da redete der HERR mit Mose und Aaron und gab ihnen Befehl…“

Gott bestätigt seinen Auftrag – nicht durch Diskussion, sondern durch Befehl. Er nennt Mose und Aaron, nicht weil sie perfekt wären, sondern weil ER sie beauftragt hat.


🧠 Vertiefung & Parallelen

📌 Hiob

Hiob verlor alles – Familie, Besitz, Gesundheit. Seine Freunde waren keine Hilfe. Und doch: Er blieb Gott verbunden – im Ringen, im Schweigen, im Leiden.

📌 Asaf (Psalm 73)

Asaf sah die Ungerechtigkeit der Welt – und fast wäre sein Glaube zerbrochen. Aber er findet Halt in der Nähe Gottes:

„Dennoch bleibe ich stets an dir…“ (V. 23)

📌 Jesus in Gethsemane

Auch Jesus fühlte sich im Garten Gethsemane verlassen, überwältigt und schwach – und doch betete er:

„Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“


💡 Biblische Prinzipien aus diesem Abschnitt

  1. Gottes Verheißungen sind wahr – auch wenn wir sie nicht spüren.

  2. Enttäuschung ist kein Zeichen für Gottes Abwesenheit.

  3. Treue ist wichtiger als sofortiger Erfolg.

  4. Unsere Unvollkommenheit disqualifiziert uns nicht – Gott arbeitet durch sie.

  5. Gottes Auftrag bleibt bestehen – unabhängig von Reaktion oder Gefühl.


Anwendung im Leben

  • Wenn du betest und nichts passiert – halte fest.

  • Wenn deine Worte niemanden erreichen – vertraue trotzdem.

  • Wenn du dich unbegabt fühlst – Gott kann auch mit „unbeschnittenen Lippen“ wirken.

  • Wenn Enttäuschung dich lähmt – erinnere dich an die Verheißung Gottes:

    „Ich will dein Gott sein – du sollst mein Volk sein.“


Gott antwortet nicht immer mit Erklärung – sondern mit Gegenwart

2. Mose 6 zeigt:
Gott ist nicht passiv, wenn sein Volk leidet. Und er ist nicht wählerisch, wenn er beruft. Seine Handlungen sind getragen von Verheißung, Geduld und Gnade.

………………………………………………………………….

3.📖 Antworten zu den Fragen

📖 Frage 1: Was geschah als nächstes, und was lernen wir für Zeiten der Enttäuschung?

Mose wurde nicht abgelehnt, weil er schlecht sprach, sondern weil das Volk verzweifelt war. Ihre jahrelange Unterdrückung hatte die Hoffnung ausgelöscht. Das kennen wir: Gebete scheinen unerhört, Träume platzen, Vertrauen bricht.

Aber Gott gibt Mose nicht auf – und Mose gibt sein Volk nicht auf.
In Momenten, in denen Menschen unsere Botschaft nicht hören (wollen), in denen auch unser eigenes Herz schwankt, müssen wir uns erinnern:
👉 Gottes Auftrag bleibt bestehen – auch wenn das Echo ausbleibt.

Beispiel: Hiob und Asaf

Beide Männer kannten tiefe Dunkelheit, Fragen, Zorn und Traurigkeit – und doch blieben sie bei Gott. Besonders Asaf formulierte im Psalm 73 ein kraftvolles Glaubensbekenntnis:

„Dennoch bleibe ich stets an dir…“
Er zeigt uns: Glaube ist nicht blind – aber treu in der Dunkelheit.


📖 Frage 2: „Ich will euch annehmen zu meinem Volk…“ – Was bedeutet das persönlich?

„Ich will euch annehmen zu meinem Volk und will euer Gott sein.“
2. Mose 6,7

Diese Verheißung war nicht nur für das Volk Israel gedacht – sie ist Teil der Bundesbeziehung, die Gott jedem Gläubigen anbietet. Auch Paulus greift diesen Gedanken in 2. Korinther 6,16 auf:

„Ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.“

Persönlich bedeutet das:

  • Ich bin nicht allein – Gott identifiziert sich mit mir.

  • Gott sieht mich als zugehörig, auch wenn ich mich wertlos fühle.

  • Diese Beziehung sollte sich in Vertrauen, Gehorsam und Nähe zu Gott ausdrücken – auch in Leid und Unsicherheit.

………………………………………………………………….

4.Geistliche Prinzipien

  1. Gottes Treue bleibt bestehen, auch wenn wir zweifeln.

  2. Glaube bedeutet Gehorsam, auch wenn man keine Ergebnisse sieht.

  3. Unsere Berufung ist nicht abhängig von unserer Fähigkeit, sondern von Gottes Macht.

  4. Enttäuschung ist kein Zeichen für Gottes Abwesenheit.

  5. Worte haben Kraft – auch wenn sie nicht sofort Frucht bringen.

………………………………………………………………….

5.🧩 Anwendung im Alltag

  • Wenn du im Gebet keine Antwort hörst – halte fest.

  • Wenn andere deine Hoffnung nicht teilen – bleib standhaft.

  • Wenn du dich „unbeschnitten an Lippen“ fühlst – vertrau, dass Gott dich trotzdem gebrauchen kann.

  • Vielleicht bist du der Mose für jemanden – auch wenn sie dich jetzt nicht hören können.

………………………………………………………………….

6.Fazit

Mose wurde nicht wegen seiner Redegewandtheit berufen – sondern wegen seines Herzens.
Israel glaubte nicht, weil der Schmerz zu groß war – aber Gott handelte trotzdem.

Die Größe unserer Berufung liegt nicht in unserer Stärke, sondern in Gottes Verheißung.
Auch in den Zeiten des Schweigens, der Ablehnung und des Leidens ist Gott nicht fern.

………………………………………………………………….

7.💭 Gedanke des Tages

„Wenn mein Herz schweigt und mein Mund stottert, bleibt Gottes Wort lebendig.“

………………………………………………………………….

8.✍️ Illustration – „Die Stille nach dem Ruf“

Es war ein grauer, nebliger Morgen in Manchester. Die Straßen glänzten von leichtem Regen, der typische Duft von nassem Asphalt und frischem Toast hing in der Luft. In einem kleinen viktorianischen Reihenhaus in Longsight saß Elijah Morgan am Küchentisch, die Hände um eine halbvolle Teetasse gekrallt, seine Stirn auf die Unterarme gelegt.

Elijah war dreiunddreißig. Ein einfacher Mann – ruhiger Typ, Sozialarbeiter im Brennpunktviertel. Und seit zwei Jahren der ehrenamtliche Prediger einer kleinen, multikulturellen Gemeinde. Sein Glaube war ehrlich, sein Herz offen – aber seit Monaten fühlte sich alles falsch an.

Er hatte Gottes Ruf gespürt – deutlich, fast wie ein Blitzschlag in der Nacht.
Damals, beim Jugendkongress in London. Die Predigt hatte ihn mitten ins Herz getroffen: „Geh, ich sende dich. Ich will durch dich Hoffnung sprechen.“

Und er war gegangen. Er hatte gebetet, gepredigt, Kleingruppen gegründet, Nachbarschaftshilfe organisiert. Mit ganzem Herzen, mit ganzem Einsatz.

Doch heute war er leer.

Letzten Sonntag hatte nur eine Handvoll Menschen den Gottesdienst besucht.
Die Jugendgruppe war eingeschlafen. Die Familien, denen er helfen wollte, hörten nicht mehr zu.
Und zu allem Überfluss war auch noch seine Bewerbung für ein theologisches Studium – sein Traum – zum dritten Mal abgelehnt worden.

„Unbeschnitten an Lippen“, dachte er.
„Ich kann nicht reden. Ich erreiche niemanden. Ich bin fehl am Platz.“

In seinem kleinen Wohnzimmer lagen noch verstreut die Unterlagen der letzten Predigt – 2. Mose 6,9–13.

„Aber sie hörten ihn nicht vor Angst und harter Arbeit … Ich bin unbeschnitten an Lippen …“

Die Worte trafen ihn wie ein Spiegel. Mose hatte genau das erlebt. Er war gesandt – aber niemand hörte. Und Mose fühlte sich ungeeignet, unfähig, wirkungslos. Wie Elijah.

Er nahm seine Bibel, blätterte langsam durch Psalm 73. Er kannte ihn auswendig, aber er wollte ihn sehen. Lesen. Greifen.

„Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand…“

Etwas stieg in ihm auf. Kein Blitz, kein Engel. Nur eine stille Erinnerung:
Gott hatte ihn nicht berufen, weil er perfekt war, sondern weil Gott ihn gebrauchen wollte.
Seine Berufung war nicht abhängig vom Applaus der Menschen, sondern vom Herzschlag Gottes.


Am Nachmittag ging Elijah doch noch zur kleinen Gemeinde. Er wollte eigentlich absagen – aber dann ging er. Vielleicht würde niemand kommen. Vielleicht wäre es peinlich.

Aber als er die Tür aufschloss, saßen fünf Jugendliche im Nebenraum. Einer von ihnen, der stille Abdul, stand auf und sagte:

„Hey, Mr. Morgan. Wir wollten beten. Können Sie uns was aus der Bibel zeigen?“

Elijahs Stimme war leise, fast brüchig, als er den Stuhl nach hinten schob und sagte:

„Ich kann’s versuchen. Aber ihr müsst mir helfen.“

Und so begann eine neue, leise, unauffällige Geschichte.

Keine Bühne, kein Applaus. Nur Treue im Kleinen, getragen von einer unsichtbaren Hand – genau wie bei Mose.


💭 Gedanke zum Abschluss:

Gott gebraucht nicht die Lauten, sondern die Treuen.
Auch wenn du dich „unbeschnitten an Lippen“ fühlst – deine Stimme zählt im Reich Gottes.

(Visited 5 times, 5 visits today)