11 Minuten 5 Stunden

Lektion 3: Holpriger Beginn
📘 3.3 Das göttliche „Ich“
Verzweiflung trifft auf Verheißung – wenn Gott auf unsere Klage antwortet

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🟦 Einleitung

Es gibt Momente im Leben, in denen sich alles gegen uns zu wenden scheint – sogar Gott. Mose erlebte so einen Moment. Er hatte auf Gottes Wort hin gehandelt, war voller Hoffnung zum Pharao gegangen, doch statt Befreiung kam Unterdrückung. Alles wurde schlimmer, nicht besser. Der Mut fiel, das Volk klagte, und Mose warf seine Frustration ehrlich vor Gott.

Doch an diesem Tiefpunkt beginnt eine der stärksten Offenbarungen Gottes im Alten Testament. Gott antwortet Mose nicht mit einer Erklärung, sondern mit einer Selbstoffenbarung – dem „Ich bin der HERR“. Diese Begegnung verändert nicht sofort die äußeren Umstände, aber sie verändert den Blick auf die Umstände.

Was damals in Ägypten geschah, geschieht bis heute: Gott spricht sein „Ich bin“ hinein in unsere Unsicherheit. Und dieses göttliche „Ich“ trägt auch dich – gerade dann, wenn deine Pläne zu zerbrechen scheinen.

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📖 Bibelstudium zu 2. Mose 5,22–6,8

📌 Kontext

Mose war gerade erst von Gott berufen worden. Mit Furcht, aber Gehorsam ging er nach Ägypten. Die Mission: die Befreiung Israels. Doch statt Erfolg erntete er Ablehnung. Der Pharao reagierte mit Trotz, das Volk mit Frust. Die Lage war katastrophal – und Mose fühlte sich verlassen und verraten.

📌 Inhaltlicher Aufbau:

1. Moses Klage (5,22–23)

„Warum hast du mich gesandt?“

Diese Frage trifft den Nerv jeder Berufung. Mose hat nicht nur Angst – er zweifelt an Gott selbst. Warum wird es schlimmer, wenn Gott doch helfen will?

2. Gottes machtvolle Antwort (6,1)

„Nun sollst du sehen…“

Hier beginnt Gottes Handlung. Er nimmt Mose den Druck, die Ergebnisse nicht selbst erzwingen zu müssen. Der Moment der göttlichen Initiative ist gekommen.

3. Selbstoffenbarung Gottes (6,2–5)

„Ich bin der HERR“
Gott erinnert an:

  • Seine Erscheinung bei den Patriarchen

  • Seinen Bund mit Abraham, Isaak und Jakob

  • Sein Mitgefühl mit dem leidenden Volk

  • Seine Treue

Das bedeutet: Gottes Handeln ist immer in seiner Geschichte und Treue verankert.

4. Die sieben göttlichen „Ich will“-Aussagen (6,6–8)

Dies ist das Herzstück:

  1. Ich will euch wegführen

  2. Ich will euch retten

  3. Ich will euch erlösen

  4. Ich will euch zu meinem Volk machen

  5. Ich will euer Gott sein

  6. Ich will euch in das Land bringen

  7. Ich will es euch zum Besitz geben

Diese „Ich will“-Verheißungen zeigen Gottes Initiative, Treue und Liebe. Sie spiegeln seinen Bund wider – Gott handelt, nicht weil Israel stark ist, sondern weil ER treu ist.

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📖 Antworten zu den Fragen

📌 Frage 1: Welche theologischen Lehren offenbart Gottes Antwort an Mose?

Gottes Antwort offenbart zentrale theologische Grundwahrheiten:

🔸1. Gott ist ein Gott der Geschichte

Er handelt nicht aus dem Nichts – er handelt aufgrund seines Bundes. Die Geschichte mit Abraham, Isaak und Jakob ist lebendig. Gott vergisst nicht.

🔸2. Gott ist der Gott der Beziehung

Das immer wieder betonte „Ich bin der HERR“ (hebr. JHWH) ist ein Beziehungsname. Er zeigt: Gott ist nicht nur mächtig, sondern persönlich gegenwärtig.

🔸3. Gottes Zeit ist nicht unsere Zeit

Für Mose war es zu spät. Für Gott war es genau der richtige Moment: „Jetzt wirst du sehen…“

🔸4. Gott trägt die Handlung

Die sieben „Ich will“-Aussagen zeigen: Gott tut es. Israel tut nichts außer empfangen. Gnade, Erlösung und Errettung – alles kommt von Gott.

🔸5. Gottes Reden kommt vor dem Handeln

Bevor Gott eingreift, vergewissert er den Glauben. Er gibt Zusagen, damit wir lernen, zu vertrauen, auch wenn sich noch nichts ändert.

📌Frage 2: Wer beschwerte sich bei Gott – und warum dürfen wir es auch tun?

Die Bibel kennt viele Männer und Frauen, die sich ehrlich bei Gott beschwert haben:

📜 Beispiele:

  • Hiob: Verfluchte den Tag seiner Geburt und rang mit Gottes Gerechtigkeit.

  • Jeremia: „Warum ist mein Schmerz ewig?“ (Jer 15,18)

  • Habakuk: „Wie lange noch, Herr, soll ich schreien?“ (Hab 1,2)

  • David: Zahlreiche Psalmen beginnen mit Klage: „Warum, Herr, stehst du so ferne?“ (Ps 10,1)

  • Jesus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46)

🙏 Warum ist Klage erlaubt – ja sogar wichtig?

Weil Gott unser Herz sucht, nicht unsere Fassade. Wahre Beziehung bedeutet Ehrlichkeit. Beschwerde im Gebet ist kein Zeichen von Unglauben – sondern ein Ringen um Vertrauen.

❗ Doch wichtig: Die Klage bleibt im Gespräch mit Gott.
Sie führt nicht von ihm weg, sondern zu ihm hin.

Glaube bedeutet: Auch wenn ich Gott nicht verstehe, höre ich nicht auf, mit ihm zu reden.

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Geistliche Prinzipien

  1. Gott hält seinen Bund, auch wenn wir es nicht spüren.

  2. Wir dürfen klagen – aber sollen im Vertrauen bleiben.

  3. Gottes „Ich bin“ steht über jedem „Warum?“

  4. Gott beginnt oft zu wirken, wenn unsere Kraft endet.

  5. Beziehung geht vor Erklärung. Gott stellt sich vor, bevor er handelt.

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🧩 Anwendung im Alltag

  • Wenn du heute das Gefühl hast, dass deine Gebete nichts bewirken – dann erinnere dich: Gottes Antwort beginnt oft nicht mit Veränderung, sondern mit seiner Gegenwart.

  • Habe den Mut, deine Klage vor Gott auszusprechen – aber bleib im Gespräch.

  • Wenn du nichts mehr tun kannst – vertraue auf Gottes „Ich will“.

  • Nimm Gottes Zusagen persönlich: „Ich will dich führen… retten… erlösen…“

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Fazit

Moses Verzweiflung ist real – und Gott reagiert nicht mit Zorn, sondern mit Verheißung. Er erinnert Mose: „Ich bin der HERR.“ Diese Worte gelten auch uns. Sie sind ein Anker in der Not, eine Brücke über das Tal der Enttäuschung.

Was auch immer du heute durchmachst – das göttliche „Ich“ bleibt. Es trägt. Es rettet. Es liebt. Und es hält, was es verspricht.

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💭 Gedanke des Tages

„Wenn du nichts mehr tun kannst – erinnere dich an das, was Gott schon getan hat.“

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✍️ Illustration – “Ich bin da – auch wenn du’s nicht siehst”

Personen:

  • Hauptfigur: Leonie, 34 Jahre, engagierte Sozialarbeiterin

  • Nebenfiguren: Tarek (Jugendlicher), Anna (beste Freundin), Pfarrer Johann


🕯 Kapitel 1 – Der Absturz

Leonie war immer die mit dem offenen Herzen. Die, die zuhörte, wenn andere schwiegen. Die, die noch an Menschen glaubte, die andere längst aufgegeben hatten. Als Sozialarbeiterin im Brennpunktviertel kämpfte sie seit Jahren um Jugendliche, Perspektiven, zweite Chancen.

Einer von ihnen war Tarek. 17 Jahre, wütend, klug, vom System enttäuscht. Leonie glaubte an ihn. Sie investierte Zeit, organisierte eine Ausbildungsstelle, kämpfte mit Lehrern, Jugendamt, sogar mit seiner Mutter.

Und dann kam der Anruf.

Tarek war verhaftet worden.
Raubüberfall. Messer. Ein verletzter Passant.

Leonie saß im Büro und starrte auf die Wand. Der Kaffee wurde kalt. Ihr Herz war leer.
„Warum, Gott? Warum gerade jetzt? Ich hab alles getan…“


🌧 Kapitel 2 – Der Zweifel

In den nächsten Tagen schlich sich der Zweifel wie Nebel in Leonies Herz.
Sie betete – aber es fühlte sich an, als würde sie gegen eine geschlossene Tür reden.
Sie erinnerte sich an ihre eigene Berufung, an das Gefühl, dass Gott sie „geschickt“ hatte.
Und jetzt? Das, was sie aufgebaut hatte, zerfiel wie Sand.

Sie sprach mit Anna, ihrer besten Freundin:

„Ich weiß nicht, warum ich mir das noch antue. Ich dachte, Gott hätte mir Tarek aufs Herz gelegt. Aber vielleicht… hab ich mich einfach geirrt.“

Anna schwieg. Dann sagte sie leise:
„Mose hat sich auch gefragt, warum Gott ihn geschickt hat, als alles nur schlimmer wurde…“

Leonie sah sie an. „Und was hat Gott geantwortet?“
„Er hat nicht erklärt. Er hat gesagt: Ich bin der HERR.


🔥 Kapitel 3 – Die Begegnung

Ein paar Tage später saß Leonie in der alten Kapelle im Stadtviertel. Es war still. Nur das Tropfen der Heizung war zu hören.

Sie hatte kein Gebet, keine Bitte, nur einen Satz:
„Herr, wenn du da bist, sag irgendwas. Ich kann nicht mehr.“

Da fiel ihr Blick auf eine eingerahmte Inschrift an der Seitenwand – sie hatte sie dutzende Male gesehen, aber heute las sie sie mit neuen Augen:

„Ich bin der HERR. Ich habe dein Klagen gehört. Ich habe dich gesehen. Ich werde dich retten.“
(angelehnt an 2. Mose 6,5–6)

Und plötzlich, mitten in der Leere, war etwas da. Kein Lichtstrahl vom Himmel, kein Donner.
Nur eine stille, feste Gewissheit:
Du bist nicht allein. Ich bin da. Ich habe nicht aufgehört, zu handeln.


🌅 Kapitel 4 – Zeichen der Gnade

Zwei Wochen später schrieb Tarek ihr einen Brief aus der U-Haft. Handgeschrieben. Ohne Flüche. Nur Worte.

„Leonie. Ich hab versagt. Und du hast an mich geglaubt.
Ich weiß nicht, ob ich mich ändern kann. Aber ich will’s versuchen.
Nicht für dich – sondern weil ich heute zum ersten Mal glaube, dass da vielleicht wirklich jemand ist, der mir eine zweite Chance geben kann.“

Leonie faltete den Brief langsam zusammen. Tränen liefen ihr über die Wangen. Nicht vor Schmerz – sondern vor leiser Hoffnung.

Gott hatte nicht nur ihr Klagen gehört – sondern auch Tareks Herz berührt.


🌳 Kapitel 5 – Ich bin der HERR

Ein halbes Jahr später saß Leonie bei einer Andacht in der Jugendvollzugsanstalt. Tarek hatte sich für ein Sozialprojekt gemeldet und sprach dort – über Schuld, Versagen und Hoffnung.

Er sagte:

„Ich hab viele Namen gehört in meinem Leben: Versager. Problemkind. Gefahr. Aber der Name, den ich heute glaube, ist: Ich bin der HERR, dein Gott, der dich herausführt. Das steht irgendwo in einem alten Buch. Aber für mich ist es neu.“

Leonie lächelte. Sie wusste: Der Weg war noch lang. Aber sie war nicht mehr enttäuscht – sie war getragen.


💬 Zusammenfassung der Geschichte

Wie Mose hatte auch Leonie den Eindruck, alles sei schlimmer geworden, obwohl sie in Gottes Auftrag handelte. Ihre Klage war ehrlich. Ihre Verzweiflung real. Doch genau dort – im Tiefpunkt – sprach Gott nicht mit Erklärungen, sondern mit einer Gegenwart: „Ich bin.“
Diese Erfahrung veränderte nicht sofort die Umstände – aber sie veränderte Leonie selbst. Und dadurch wurde Veränderung möglich.

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